Das Problem mit dem Stress. Oder: Warum Shaqiri so gut spielt bei Liverpool.

 

Der Name Erik Matser sagt uns nicht viel. Er ist dann auch nicht oft in den Medien und sicherlich nicht prominent wegen irgendeinem Skandal. Erik Matser ist Psychologe, wohnhaft und arbeitend in den Niederlanden, der sich beschäftigt hat mit dem Phänomen Gehirnschäden durch Sport und durch unsere Kultur. Eine Kultur in der das Anstreben von Perfektionismus, schon von klein auf, zu Stress und dadurch zu Gehirnschäden führt.

 

Laut Matser steht die westliche Welt am Vorabend seiner vielleicht grössten Krise aller Zeiten. Schuld daran ist Stress. Der Mensch als Gattung funktioniert nicht mehr in der heutigen Gesellschaft, was momentan schon katastrophale Folgen nach sich zieht. Dabei hält er sich nicht zurück. "Wenn wir so weitermachen brauchen wir keine Atombombe um uns vollständig auszurotten. Daher brauchen wir einen anderen Lebensstil um eine Katastrophe zu vermeiden. "

 

"Die wachsende Zahl von Burnouts kosten die Niederlande jetzt schon 20 Miljarden Eurpo pro Jahr." Er basiert sich dabei auf Daten, die von der Organisation de coopération et de développement économiques OCDE (1961 gegründet) veröffentlicht wurden  und der momentan 35 Länder. Inklusive der Schweiz, angeschlossen sind. Ein Burnaout führt in vielen Fällen zu bleibendem Hirnschaden.

 

"In den Niederlanden arbeitet etwa 1 von 5 Menwschen nicht wegen den Folgen von Stress und einem Burnout", laut Matser. "Diese Menwschen sind durch einen Mangel an Energie buchstäblich zu Müde zum Arbeiten. Im Allgemeinen geht es dabei um verhältnismässig junge Leute."

 

Matser:"Durch die Art in der wir leben entwickeln viel Menschen Gehirndisfunktionen und bekommen dadurch hartneckige, chronische  Beschwerden, die ihr Funktionieren ernsthaft behindern können. Viele Hausärzte wissen das oft nicht."

 

Matser hat, auf Basis eigener Beobachtungen und Studien, mehrere medizinische Artikel geschrieben.   Wir haben den Kontakt mit unserer eigenen Wirklichkeit verloren. Und wir wissen nicht mehr was wir brauchen und gesund und voller Energie zu bleiben.

 

"Perfektionismus ist der Dolch im Rücken junger Menschen."

 

Bahnbrechend für Matser, der international bekannt wurde durch seine wissenschaftliche Untersuchungen  nach Gehirnschäden im Sport, war einen Vortrag von Kinderarzt Nadine Burke aus San Francisco. "Sie hat festgestellt, dass der fortwährende Stress (‘Toxic Stress’) bei Kindern Hirnschäden verursacht und Veränderungen in der Gehirnanatomie".

 

Matser: ,,Menschen, die in ihrer Jugend aufwachsen mit Dauerstress entwickeln tatsächlich andere Gehirnverbindungen, wobei das Angstzentrum schneller aktiviert wird. Dieser Zustand geht nicht einfach weg. Die Folgen bleiben oft ein Leben lang bestehen.

 

Auch die renommierte Harvard School of Medicine hat kürzlich bewiesen, dass bei einem Leben in einer stressvollen Umgebung Nervbahnen buchstäblich abbrechen durch den sehr lang andauernden Zustand höchster Wachsamkeit.

 

Matser:,, In unserer Gesellschaft werden zu viel Menschen überfüttert mit Informationen. Achtzig Prozent meiner eigenen Studenten gibt an, keinen Tag ohne Mobiltelefon und E-Mail zu können. Das Gehirn bleibt konstant unter Höchstspannung und kann dies zum Teil bei einer grossen Anzahl junger Menschen nicht verarbeiten."

 

In jungem Alter wichtige Wahlen treffen müssen, arbeiten unter immer zunehmendem Druck, auch das sind alles Dinge, die katastrophalen folgen haben. Matser: "Perfektionismus ist ein Dolch im Rücken junger Menschen. Verstehen Sie mich richtig: Perfektionismus ist eine Angststörung, er macht einem Menschen krank."

 

Wir müssen aufwachsen, uns entwickeln in einem Leben, das passt bei der eigenen mentalen Geschwindigkeit und der eigenen motivierenden Einstellung. "Man sollte sich selbst fragen, in welcher Betriebskultur man am besten funktioniert. Ein Buchführer kann untergehen bei einem Betreib, weil er nicht in deren Kultur passt, und aufblühen und sehr gut funktionieren in einer anderen, besser zu ihm passenden, Umgebung. Oder, um im Sport zu bleiben: warum wurde Shaqiri bei Bayern München ausgemustert und spielt er jetzt so gut bei Liverpool? Er hat eine Umgebung gefunden, die besser zu ihm passt.

 

1.      Bucci, Monica & Silvério Marques, Sara & Oh, Debora & Burke Harris, Nadine. (2016). Toxic Stress in Children and Adolescents. Advances in Pediatrics. 63. 403-428. 10.1016/j.yapd.2016.04.002.

 

2.      Dr Erik Matser. 2016. Stress and Burnout. Dubai.

 

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